Go veggie: vegane Ernährung und Diabetes – (Un)-Sinn?!

Immer mehr Menschen interessieren sich heutzutage für VEGANISMUS und stellen ihre Ernährung auf eine rein pflanzliche Lebensweise um: genauer gesagt sind dies rund 2 Prozent der ÖsterreicherInnen und die Zahl steigt. Die Beweggründe dafür sind vielfältig: aus ethischen Gründen (grausame Tiertransporte, schlechte Bedingungen bei der Tierhaltung), gesundheitliche Gründe, aus religiösen oder auch ökologischen Gründen (Klimawandel, Nachhaltigkeit). Insbesondere gesundheitliche Motive rücken immer weiter in den Vordergrund – viele erhoffen sich durch diese Ernährungsweise eine Gewichtsabnahme, eine Besserung der Blutwerte, stabilere Blutzuckerwerte oder Ähnliches.

Doch lässt sich die vegane Ernährungsweise mit Diabetes vereinbaren? Da DiabetikerInnen ja ohnedies schon auf eine besondere Weise auf ihre Ernährung achten sollen - was beispielsweise den Einfluss gewisser Lebensmittel auf den Blutzuckerspiegel betrifft - stellt sich die Frage: ist es möglich noch weitere Ernährungsvorgaben in den Alltag zu integrieren? Und wie Gesund ist Vegan tatsächlich?

Was bedeutet VEGAN überhaupt?

VeganerInnen verzichten in ihrer Ernährung auf jegliche Art tierischen Ursprungs. Darunter fallen neben Fleisch und Fisch auch alle Erzeugnisse vom Tier, wie Milch, Käse, Joghurt und andere Milchprodukte, sowie Eier und Honig. Auch Speisen, die mit Gelatine zubereitet sind zählen dazu. Viele VeganerInnen meiden zudem Gebrauchsgegenstände, die aus Leder oder Wolle hergestellt wurden, denn diese gehen im Ursprung ebenfalls auf Tiere zurück.

Lebensmittelauswahl bei VEGANER Ernährung und Diabetes

In erster Linie sollten frische Lebensmittel gewählt werden und man sollte möglichst viel selber kochen: Kartoffeln, Produkte aus Vollkorngetreide wie Vollkornnudeln oder -brot, Hülsenfrüchte (z.B. Kichererbsen, Bohnen, Linsen, Soja), Nüsse und Samen (z.B. Leinsamen, Sonnenblumenkerne, Sesam), Tofu, Pilze, Gemüse (z.B. Brokkoli, Grünkohl), Salate, Obst. Um den Blutzuckerspiegel gut zu regulieren, könnte man Vollkornprodukte mit eiweißhaltigen Gemüsesorten kombinieren. Gesunde Fette können über pflanzliche Öle, Nüsse, Kürbis- und Sonnenblumenkerne aufgenommen werden.

Mit Vorsicht sollten jedoch vegane Fertigprodukte gewählt werden: diese nehmen in den Supermarktregalen immer mehr Platz ein. Die Zutatenliste sollte kritisch geprüft werden, denn die Produkte enthalten oft zahlreiche fette sowie süße Zutaten und sind zudem sehr kohlenhydratreich – und damit tendenziell problematisch bei Diabetes.

VEGANE Ernährung & Diabetes

Eine gut geplante und richtig zusammengestellte pflanzenbasierte Ernährung kann eine Reihe gesundheitlicher Vorteile mit sich bringen. Aufgrund ihrer Zusammenstellung bietet sie Potenzial, Zivilisationskrankheiten wie Typ 2 Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Übergewicht entgegenzuwirken. Durch die vegane Ernährung lassen sich einige Empfehlungen der gesunden Ernährung leichter umsetzen: viel Gemüse, Salat, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und frisches Obst ist prinzipiell sehr gesund. Dies besteht aus vielen Ballaststoffen und komplexen Kohlenhydraten, was sich positiv auf den Blutzuckerspiegel bei Diabetes auswirken kann. Vegane frische Lebensmittel enthalten zudem keinCholesterin und gesättigte Fettsäuren, dafür meist einiges an Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und sekundären Pflanzenstoffen. Dies kann das Risiko für chronische Erkrankungen und Übergewicht reduzieren, wovon wiederum auch Menschen mit Diabetes profitieren können. Der Stoffwechsel verbessert sich, das Risiko für Diabetes bedingte Folgeerkrankungen sinkt, es kommt zu besseren Blutzuckerkontrollen, Medikamente zur Diabetes-Therapie können reduziert werden.

Gibt es auch Risiken bei VEGANER Kost?

Wenn auf Produkte tierischer Herkunft verzichtet wird, fallen diese als Lieferanten für bestimmte Nährstoffe weg. Zudem ist die Bioverfügbarkeit, d.h. die Fähigkeit des Körpers, bestimmte Inhaltsstoffe aufzunehmen, bei pflanzlichen Produkten oft limitiert. Umso wichtiger ist es auf eine geschickte Lebensmittelauswahl, Speisenplanung und Kombinationen verschiedener pflanzlicher Proteinquellen (Hülsenfrüchte, Nüsse, Getreide) zu achten.

Folgende Nährstoffe und Vitamine bedürfen einer besonderen Aufmerksamkeit:

Vitamin B12 ist in nennenswerten Mengen nur in tierischen Lebensmitteln enthalten. Manche Lebensmittel werden zwar mit B12 angereichert oder enthalten es in kleinen Mengen von Natur aus (zB vergorene Lebensmittel, wie Sauerkraut, Sojaprodukte, Hefeaufstriche). Die Einnahme von Vitamin B12 Nahrungsergänzungsmitteln ist dennoch ratsam. Denn ein Vitamin-B12-Mangel kann langfristig sehr ernste gesundheitliche Folgen haben. Es wird daher empfohlen den Vitamin B12 Spiegel regelmäßig ärztlich zu kontrollieren und dementsprechenden zu supplementieren.

Eine ausreichende Kalziumzufuhr ist grundsätzlich über eine rein pflanzliche Kost möglich. Grünes Gemüse (Grünkohl, Spinat, Brokkoli), sowie Hülsenfrüchte, Sesam, Haselnüsse, Hülsenfrüchte, Kalziumreiches Mineralwasser (>150 mg/l) und mit Kalzium angereicherte Getränke (Milchersatz aus Getreide/Nüssen – Mandelmilch, Hafermilch,…) können zu einer guten Versorgung beitragen.

Eisen - einige pflanzliche Quellen sind Nüsse, Ölsamen, Hülsenfrüchte wie Linsen, Kichererbsen, weiße Bohnen oder Soja, Vollkorngetreide, Amaranth, Haferflocken. Die Bioverfügbarkeit von pflanzlichem Eisen ist schlechter als das aus tierischen Produkten. Daher empfiehlt es sich zur besseren Eisenverwertung, zusätzlich gezielt Vitamin C zu sich zu nehmen, z.B. durch ein Stück Orange, Paprika, Brokkoli, Fenchel, Hagebuttentee, schwarze Johannisbeeren usw.

Omega 3 Fettsäuren - beim Verzicht auf Fisch, sollte man besonders auf die Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren über pflanzliche Öle wie Raps-, Soja-, Walnuss- Hanf-, und Leinöl sowie über Walnüsse achten.

Auch bei Zink ist die Bioverfügbarkeit aus pflanzlichen Lebensmitteln relativ gering. Der Körper kann Zink aus pflanzlichen Quellen schlechter verwerten als aus tierischen. Zinkreiche pflanzliche Lebensmittel sind Vollkorngetreide, Pastinaken, Kohlsprossen sowie Steinpilze.

Aufgrund gewisser Mängelrisiken sollte die Ernährung nicht von heute auf morgen umgestellt werden. Empfehlenswert ist dies Schrittweise zu tun. Beispielsweise von der Mischkost zuerst auf eine Vegetarische Ernährung und dann erst weiter in kleinen Schritten auf eine rein vegane Ernährung. Beispielsweise zu Beginn mit einem veganen Tag pro Woche zu starten oder einer veganen Mahlzeit täglich. Auch so tut man viel für die Gesundheit und lernt diese Art der Ernährung besser kennen. Denn es gibt zunächst einige Punkte zu beachten, um sich bedarfsdeckend zu ernähren.

Ernährungsgesellschaften raten in gewissen Lebensphasen wie Schwangerschaft, Stillzeit, Wachstum und Alter aufgrund von Mängelrisiken von einer generellen Empfehlung veganer Ernährungsweise ab. Wer dies dennoch machen möchte, sollte sich ärztlichen Rat einholen, regelmäßig ein Blutbild anfertigen lassen, diätologisch begleiten lassen und gegebenenfalls Vitaminpräparate einnehmen.

VEGAN Kochen mit Diabetes

Vorurteile von Früher, dass vegane Gerichte fad schmecken, nicht sättigen oder nur etwas für Hasen oder Vögel sind stimmen nicht! Im Gegenteil, vegane Rezepte können auch für DiabetikerInnen eine geschmackliche Abwechslung in die Küche bringen. Mit verschiedenen Gewürzen, Kräutern und der Offenheit Neues auszuprobieren, kann man eine Vielfalt an neuen Gerichten auf den Speiseplan zaubern. Um sich selbst davon überzeugen zu können, anbei eine Rezeptidee, die ganz einfach zu Hause nach zu kochen ist. Unter dem Motto „Sei amol g’miasig“ macht Gemüse essen zu etwas Besonderem! Die Kampagne des Gesundheitsfonds Steiermark vermittelt mit lustvollem Ansatz, dass Gemüse gut tut, gut schmeckt und – kurz gesagt – das Essen besser macht. Weitere vegetarische/vegane Rezeptideen finden Sie unter www.gmiasig.at

vegane Spaghetti mit würziger Linsenbolognese

Zutaten für 4 Personen:

  • 3 Zwiebel
  • 3 TL Rapsöl
  • 3 EL Tomatenmark
  • 500 g Tomaten passiert
  • 3 Tassen Wasser
  • 1 große Tasse rote Linsen
  • 1 EL Thymian getrocknet
  • 1 EL Oregano getrocknet
  • 1 TL Chili
  • 3 Knoblauchzehen
  • Jodiertes Salz, Pfeffer
  • 300 g Spaghetti (vegan)

Zubereitung:

  1. Zwiebel schälen, klein hacken und im Rapsöl mindestens 5 Min. braten. (Am Boden des Topfes sollte sich schon ein leicht bräunlicher Satz bilden).
  2. Tomatenmark zu den Zwiebeln geben, kurz mitbraten und dann mit Wasser und passierten Tomaten aufgießen.
  3. Linsen sowie Gewürze zugeben. Knoblauchzehen schälen, fein hacken und ebenso zu den Linsen geben.
  4. Bei geschlossenem Deckel und mittlerer Hitze mindestens 30 Min. köcheln lassen. Zwischendurch immer wieder umrühren.
  5. Vor dem Anrichten kosten, eventuell nachwürzen bzw. Balsamicoessig zugeben und mit Nudeln anrichten. Tipp: Das Sugo mit geraspeltem veganem Hartkäse bzw. Hefeflocken servieren.

Fazit: Lässt sich vegane Ernährung bei Diabetes empfehlen?

Es lässt sich festhalten, dass aktuell nichts gegen eine vegane Ernährung bei Typ-1- sowie Typ-2-Diabetes zu sprechen scheint. Sofern, wie auch beim Nicht-DiabetikerIn, auf eine abwechslungsreiche gut kombinierte Ernährung geachtet wird, um möglichen Mängelzuständen entgegenzuwirken.

Klar ist: Vegane Ernährung kann laut Studien den Stoffwechsel bei bestehendem Diabetes verbessern, die Medikation reduzieren und das Risiko an Diabetes zu erkranken kann sich deutlich verringern. Heilbar ist die Erkrankung (Diabetes Typ I) dadurch jedoch nicht. Langzeitstudien, die den Effekt veganer Ernährung bei Menschen mit Diabetes untersuchen, gibt es derzeit auch noch nicht.

Für Menschen mit Diabetes bleibt die Kontrolle des Blutzuckerspiegels auch bei veganer Ernährung weiterhin essenziell. Zusätzlich zu einer gesunden Ernährung nimmt natürlich auch Bewegung/Sport einen wichtigen Stellenwert zur Selbstbehandlung ein und ist ein wichtiger Eckpfeiler in der Diabetestherapie.

Kerstin Hopfer, BSc
Diätologin
Email:

www.kh-diaetologie.at

Quellen: AccuCheck, ÖDG, vegane Gesellschaft, diabetesDE, DGE, ÖGK, DiabetesUK